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Das ’seid dankbar‘ begleitete mich an diesem Sonntag…

Losfahren, heute etwas früher als sonst, denn es wartet ein Morgengottesdienst auf mich – denke ich – und dann kommt es doch anders. Auf nicht mal halber Strecke – Starkregen – will das Auto auf einmal nicht mehr. Gut, dass es Engel gibt. Gelbe.

Er kommt in recht kurzer Zeit an – liegt es wohl daran, dass ich der Dame am Telefon gesagt hatte, dass ich es schade finde, meinen Gottesdienst zu verpassen? – und mustert mich von oben bis unten… Ich merke, dass bei ihm die Puzzlestücke irgendwie so gar nicht zusammenfallen wollen: eine (zugegebenermaßen recht schick angezogene) Frau, die mit außergewöhnlicher Präzision den technischen Stand der Dinge beschreibt… Und ja, meine Diagnose stimmt, der Fehler lässt sich beheben – der Engel will aber sicher gehen: gut 10 Minuten lässt er mich hinter sich herfahren, dann soll ich wieder aussteigen; er prüft wieder – mich mit seinen Blicken und das Auto mit allerlei Instrumenten – nein, kein Fehler mehr da. Protokoll. Während ich über Handy Vorbereitungen und Absprachen für den nun ungeplant anderen Tag treffe sitzt der Engel versonnen in seinem gelben Wagen – steigt dann aus, lässt mich noch einmal die Motorhaube öffnen… Ölkontrolle. Hm. Interessant, denk‘ ich mir, denn das war ganz sicher nicht der Fehler, aber wie dem auch sei – ich danke ihm freundlich und er fliegt davon…

Weiterfahren oder wieder zurück ist nun die große Frage – und gut, dass Pfarrersküken2 im Gottesdienst sitzt, wo ich eigentlich hinwollte, und mir wird berichten können…

Anruf bei den Herzensmenschen – als ich die Stimmen höre, wird mir klar: ich will sie nicht missen. Es gibt ja noch andere Engel. Gelbe, und solche ohne Farbe – es geht schon gut. Und es geht gut, denn der Fehler war ja nun wirklich was Undramatisches. Heute mindestens der dritte Grund zum dankbar sein – die Beiden nicht mitgerechnet. Wir wollten ja feiern… das Älterwerden, die überstandenen Tränen und Wüstenzeiten und die Freude, dass die Beiden nun zweieinhalb sind – das aber sehr behutsam, denn letztes mal ist es ja nicht gut gegangen… Ein leises Mittagessen zu dritt. Tut gut. War dran.

Am Nachmittag machen wir die Community auf – und weil die leisen Dinge manchmal ihre Zeit brauchen, sind wir ein wenig spät dran. Macht aber nichts. Pfarrersküken2 ist sagenhaft: Er erwartet uns lächelnd in der Tür und zählt auf, was er alles schon organisiert, vorbereitet hat – und die Kantorin ist schon am Warmspielen. Altbekannte und neue Gesichter tauchen auf – manche pitschnass – und wir sind hier so sehr Familie, dass Kantorin mit einer besonders nassen jungen Frau oben verschwindet: die beiden kommen ein paar Minuten später lachend zurück. Statt der triefenden Jeans trägt sie eine bunte Decke als Rock – es ist einfach Zuhause.

Und dann ist es auch hier wieder ganz anders als ich dachte. Heute höre ich keine einzige Predigt… Während der Lesung geht die Tür auf – da kommen sie, die, um die wir uns Sorgen machten, die Mutter mit dem Sohn. Sie fragt: ‚Es gibt doch Kindergottesdienst?‘ Und ich weiss, sie braucht jetzt die Predigt in Ruhe ganz dringend… Also sammel‘ ich ad hoc die Kinder, die da sind ein – mein KiGo-Team ist heute nicht zustandegekommen – während Pfarrersküken2 ganz souverän den Predigttext weiterliest, als wäre nichts gewesen – und mache Kindergottesdienst. Von unten hören wir die Großen, die sich dann später zu uns gesellen – ich sitze in der Ecke und beobachte sie eine Weile: es ist wie ein großes Familientreffen. Selbstgemachte Kuchen werden ausgepackt und sie sehen zu, dass der Andere zuerst Kaffee bekommt – eine liebevolle, geborgene Atmosphäre. Unter den Neuen zwei Theologiestudenten und eine Pfadfinderin – nein, mit Nachwuchs haben wir hier keine Probleme – kurzerhand wird ein zusätzlicher Bibelkreis und die Aufstockung des KiGo-Teams geplant… (Ich glaub‘ ich hätte am Anfang des Tages eine Dankbarkeits-Strichiste anfangen sollen, denn ich komm‘ nicht mehr mit…) Und Gespräche. Freudige und heftige. Und Papierkram und mini-Presbyteriumssitzung – man kann ja nicht alles über’s Netz… Und die Kinder mittendrin – und jede/r fühlt sich für sie zuständig.

Wisst ihr was? Ich glaube, ich habe heute zwei Predigten hören wollen – und dann habe ich viel mehr gehört…

Eine Predigt von den Herzensmenschen – nach der schweren Zeit, dem Tod eines Kindes erwarten sie neues Leben. Langsam heilt’s. Nicht mehr nur die Hiobsbotschaft. Ich sehe da zwei Menschen, ein Paar, deren Liebe gewachsen ist, die stärker geworden sind – und die erfahren haben, dass ER einen durchträgt.

Und dann eine Predigt durch die Frau, die ihren alten Beruf loslässt und sich auf eine neue Ausbildung einlässt – neue Wege wagt, voll Vertrauen darauf, dass es gute Wege werden…

Und die Kinder – die Lesung war die Heilung der 10 Aussätzigen – sie fragten danach, und so wurde Krankheit und Heilung das Thema im Kindergottesdienst. Sie malen mir Menschen mit fröhlichen Gesichtern, denen der Bauch nicht mehr weh tut, weil Jesus sie liebt. Der Kleine mit der genesenden Mama malt lauter Mamas mit Ohrringen – es wird alles gut.

Und die Ärztin, die nur kurz bleibt, weil sie noch Nachtdienst in der Klinik hat, aber unbedingt vorbeikommen wollte – die Gemeinschaft nicht verpassen: lang hat sie gebraucht, die richtige Stelle zu finden…

und… und… die Leben predigen mir heute. ER macht einen Unterschied. Und was für einen!

Ich bin dankbar. Und ich wünschte, ich könnte davon etwas dem Kollegen weitergeben, der heute gestresst ins Büro gestürmt kommt, offensichtlich sehr traurig… Ich finde nicht die richtigen Worte. Am Ende wird es Kuchen auf einem Teller und eine Hand auf der Schulter – und ein Gebet am Abend. Hm.

Auch auf der Rückfahrt Engel. Unsichtbare.

„seid dankbar in allen Dingen“ – so hieß es heute morgen im Predigttext, über den ich nicht gesprochen habe, über den ich keine Rede gehört habe. Es ist mir widerfahren. Danke.